Sunday, December 8, 2013

Wo die Schiffe dort stehen wo früher die Häuser waren



Das Stadtviertel Rawis Anibong zählt zu den am stärksten zerstörten in Tacloban. Direkt am Wasser gebaut, schlug hier die Flutwelle erbarmungslos zu. Riesige Schiffe, die stehen wo vorher die Häuser waren, zeugen von der ungeheuren Wucht der Wassermassen.

Es gibt hier zu viele traurige Geschichten. Am meisten betroffen macht mich ein Mann, der mir erzählt dass nur er und seine Frau überlebt haben – seine Mutter und ihre fünf Kinder sind alle ums Leben gekommen. Er sitzt in seiner improvisierten Behausung und man merkt ihm den Schmerz jede Sekunde an.

Es ist wirklich ein dramatisches Bild, das sich einem hier bietet. „Wo anfangen?“ ist der erste Gedanke, der sich aufdrängt. UNICEF entschied sich für Wasser, zusammen mit Partnern wie Oxfam wurden hier drei 10.000-Liter-Wassertanks installiert, die den 600 Familien Zugang zu sicherem Trinkwasser geben. Sie werden jeden Tag von den städtischen Behörden aufgefüllt. Während es als UNICEF-Kommunikationsmitarbeiter natürlich meine erste Aufgabe ist zu zeigen, was UNICEF genau gemacht hat, begeistert mich das: Eine wahre Partnerschaft von UN, NGO und örtlicher Verwaltung, bei der am Ende die betroffenen Menschen profitieren. Und nur darum geht’s.

Hier stand nach dem Taifun wirklich nichts mehr. Inzwischen haben sich die meisten überlebenden provisorische Unterkünfte zusammengezimmert oder hausen in den gestrandeten Schiffen. Der Betrieb rund um die Wasserstellen zeigt dass hier ein wirklich lebenswichtiger Fortschritt erreicht wurde. Es tut gut zu sehen, dass zumindest in Sachen Wasser und Hygiene hier die betroffenen  Menschen sicher sind. Zusätzlich zu den Wassertanks bekamen alle überlebenden sogenannte „Hygiene-Kits“ mit Eimer, Seife, Wasserdestillierungstabletten, leichten Tragekanistern und anderen wichtigen Gegenständen, und es stehen sichere, versiegelte Latrinen, von denen keine Gesundheitsgefahr ausgeht – sie sind luftdicht, es strömt kein Geruch aus, es gibt eine Möglichkeit zum Händewaschen, und sie sind sogar abschliessbar um den Menschen wenigstens ein bisschen Privatsphäre zu ermöglichen. Erstellt wurden sie nicht von auswärtigen Helfern, sondern unter Anleitung der UNICEF-Experten von den Bewohnern selbst, die im Rahmen des „Cash for Work“-Programms so auch etwas finanzielle Unterstützung bekommen.

Ebenfalls beeindruckend: vor einer provisorischen Hütte haben einige Jugendliche einen Generator organisiert und betreiben mit Hilfe von Mehrfachsteckdosen eine Handy-Ladestation. Dreissig Telefone zähle ich, die hier für 20 Pesos (ca. 30 Cent) geladen werden. Abseits jeder UNICEF-Arbeit fällt mir da erstmal so richtig auf, was für einen unglaublichen Beitrag die Mobiltelefone für diese Menschen leisten. In einer ähnlichen Situation vor zehn Jahren hätte es sicher Wochen gedauert, bis irgendeine Form der Kommunikation wieder möglich wäre – mit Familienangehörigen, mit Freunden, mit Helfern, Vermissten oder Menschen die in Krankenhäuser eingeliefert wurden. Guthaben kann einfach von einem Telefon aufs andere geschickt werden. Neben dem sauberen Trinkwasser eine weitere Lebensader für die betroffenen Menschen von Tacloban.






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