Plötzlich fängt
das Herz an zu wummern, als das Flugzeug vor der Landung durch die Wolken fliegt
und die Landschaft zum Vorschein kommt: Lastwagen ragen mitten aus dem Meer,
Häusertrümmer liegen wie Streichhölzer überall herum, es sieht von oben aus als
wenn hier jemand einfach mit einer riesengrossen Faust draufgeschlagen hätte.
Es bleibt einem der Atem weg.
Auch im Auto vom
Flughafen herrscht gespenstische Stille in der sonst gerne redseligen
UNICEF-Truppe. Aber das was man hier sieht, verschlägt einem jede Sprache. Nur
die philippinische Kollegin versucht ein bisschen Aufmunterung: „Schaut mal, da
wird schon wieder ein ‚Lechon‘ gegrillt!“
Der Teil der
Stadt der nicht aus Beton ist, ist dem Erdboden gleichgemacht. Trümmer liegen
überall herum, zum Teil meterhoch, Autos liegen rückwärts auf eingestürzten Wänden,
alles ist zerstört. Immerhin sind die Strassen wieder freigeräumt, Verkehr kann
sich bewegen, alle paar Meter rollt ein Lastwagen mit Trümmerteilen, den die
Bewohner im Rahmen des „Cash for Work“-Programms gefüllt haben.
Das UNICEF-Büro:
improvisiert im Speiseraum eines Hotels, in Hochzeiten drängen sich knapp
vierzig Mitarbeiter um die vielleicht zwanzig Stühle. Immerhin gibt es
inzwischen 20 Stunden am Tag Strom, nur von 12 bis 16 Uhr ist das Haus dunkel -
und heiss. Mehrere Mitarbeiter teilen sich die Zimmer, alles ist an der
Kapazitätsgrenze oder darüber. Hut ab an alle, die hier seit drei Wochen Tag
und Nacht durcharbeiten. Und es geht täglich vorwärts: seit heute gibt es
halbwegs zuverlässiges Internet, es hat sogar ein Restaurant wieder aufgemacht,
das zur Mittagszeit auch gleich überlaufen ist. In der Stadt tauchen überall
wieder kleine Verkaufsstände auf, von Instantkaffee über Wasserflaschen bis
Flip-Flops. Und heute wird auch die Ausgangssperre wieder aufgehoben. Ein Stück
Normalität im unglaublichen Chaos.
Ich begleite eine
unserer Kolleginen zum „Child Friendly Space“, den UNICEF vor einem der
Evakuierungslager aufgeschlagen hat. Ja gut, ein Kindergarten im Zelt, ist der
erste Gedanke. Aber als ich sehe, wie die Familien zu acht im Dreimannzelt
hausen oder zu vierzigst in einem Klassenzimmer, dämmert mir so langsam erst
was für eine Befreiung es für die Kinder sein muss, hier unter ihresgleichen zu
sein, spielen zu können, betreut zu werden, und einfach mal von der Situation
abgelenkt zu sein. Vieles erinnert mich an meine Arbeit damals mit Flüchtlingen
in Kenia. Fast vergesse ich die dramatische Situation, die Kinder stürzen sich
auf mich, lachen sich über meine weisse Haut und die roten Haare tot. Noch ein
Blick ins Evakuierungscamp und die Fahrt zurück bringen einen aber schnell
wieder auf den Boden der Tatsachen zurück: Bis hier wirklich wieder Normalität
einkehrt wird es wohl Jahre dauern. Viel zu viele Menschen haben wirklich alles
verloren. Aber das kann ich versichern: jeder hier ist unglaublich dankbar für
die Hilfe und die Solidarität aus aller Welt.
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